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10 gute Gründe

„Von wegen nur mit Puppen spielen“

Das Haller Tagblatt hat am 14. Februar 2018 das nachfolgende Interview von Redakteurin Iris Simon zur Erzieherausbildung veröffentlicht. Wir danken der Südwestpresse herzlich dafür, dass wir den Text auf unserer Homepage nutzen dürfen.

 

Die Evangelische Fachschule für Sozialpädagogik liegt unauffällig, zwischen hohen Büschen und Wohnhäusern versteckt im Haller Osten. Eine etwas unheimliche Ruhe liegt über den Kreuzäckern, nur unterbrochen von einem entfernten Summen, das aus dem Kindergarten neben der Fachschule kommt. Die Kinder halten die dortigen Erzieher offensichtlich auf Trab. Auch Lukas Frank und Katharina Hofmann, zwei Auszubildende der Fachschule hätten allen Grund, ähnlichaufgeregt zu sein – in zwei Monaten werden sie ihren Abschluss machen. Doch sie sind überraschend entspannt.

 

In ein paar Wochen seid ihr beide fertig ausgebildete Erzieher. Seid ihr nicht nervös?

Lukas Frank: Die Schule an sich und die Lehrer sind wirklich klasse und man wird wirklich gut auf die Prüfungen und das spätere Arbeitsleben vorbereitet. Man hat das Gefühl, dass die Schule wirklich möchte, dass man später rausgeht und Gutes tut.

Katharina Hofmann: Wer Lust auf die Ausbildung hat und Spaß an der Sache hat, braucht sich wegen der Prüfungen keine Sorgen zu machen.

Frank: Das ist letztlich dann ein Selbstläufer. (lacht)

 

Wie kommt es, dass ihr, obwohl ihr dasselbe lernt, zwei unterschiedliche Ausbildungen absolviert?

Frank: Ich habe den klassischen Weg mit drei Jahren schulischer Ausbildung und einem Jahr Anerkennungsjahr gewählt. Die drei Jahre bestehen aus einem Berufskolleg, dem Unterkurs und dem Oberkurs. Dabei wechseln sich 22 Wochenstunden mit insgesamt 16 Wochen sozialpädagogischer Praxis, also Praktika, ab.

Hofmann: Eigentlich bin ich eine Art Quereinsteiger. Da ich bereits Abitur habe, konnte ich das erste Jahr im Berufskolleg überspringen und nach einem sechswöchigen Praktikum direkt in den Unterkurs einsteigen. Zusätzlich zu meiner Ausbildung mache ich allerdings noch ein Bachelorstudium in Frühkindlicher Erziehung. Das nennt sich dann Doppelqualifikation.

 

Wie kann man sich das vorstellen?

Hofmann: Die Fachschule hat eine Kooperation mit der Pädagogischen und der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg, durch die man schon während der Ausbildung Punkte für das Studium sammeln kann. Zum Beispiel indem man an Seminaren und Vorlesungen teilnimmt. Die so gesammelten Qualifikationen können dann als Studienzeit angerechnet werden.

 

Warum habt ihr euch für diese Ausbildung entschieden?

Frank: Nach meinem Schulabschluss habe ich ein Freiwilligenjahr gemacht, in dem ich viel mit Kindern zu tun hatte. Weil mir das so gut gefallen hat, hat meine Schwester mir zu der Ausbildung geraten. Daraufhin ging es dann ziemlich schnell. Ich habe mich beworben, bin genommen worden und hab es seitdem nicht bereut.

Hofmann: Ich habe eigentlich auf Gymnasiallehramt studiert, bin damit aber nicht wirklich glücklich geworden, da mir der pädagogische Aspekt gefehlt hat. Dann haben mich Freundinnen auf die Fachschule und die Möglichkeit der Doppelqualifikation aufmerksam gemacht. Ich fand die Idee einer sinnvollen Ausbildung in Zusammenhang mit einem Studium, auf das man später auch noch aufbauen kann, ziemlich gut.

 

Was hat euch bis jetzt am besten gefallen?

Hofmann: Neben der Arbeit im Kinderheim war ein Highlight das Erlebniswochenende, das wir vergangenes Jahr als Klasse unternommen haben. Wir haben gezeltet und sollten gemeinsam Aufgaben bewältigen. Da kam es dann zu vielen Konflikten und Streitigkeiten. So haben wir gelernt, uns unsere Fehler einzugestehen, Probleme zu kommunizieren und besser mit anderen Menschen auszukommen. Die Erfahrungen helfen nicht nur im Kindergarten, sondern auch im richtigen Leben.

Frank: Die Praxiswochen in der Tagesgruppe in Schorndorf, bei der ich jetzt auch mein Anerkennungsjahr machen werden, werde ich nicht so schnell vergessen. Ich hatte eine tolle Zeit mit den Kindern und habe gleichzeitig wahnsinnig viel gelernt und neue Einblicke erhalten. Zum Beispiel wie man mit schwer erziehbaren Kindern oder mit Kindern aus schwierigen Familienverhältnissen umgehen muss.

 

Bekommt ihr von den Kindern eigentlich irgendeine Form von Rückmeldung?

Hofmann: Auf jeden Fall. Kinder sind da sehr direkt. Wenn sie einen mögen, dann wird das auch offen kommuniziert. Zum Beispiel indem man zu Feiern eingeladen wird.

Frank: Meine ehemalige Betreuerin der Schorndorfer Tagesgruppe hat mir neulich erzählt, dass ein Junge, der aufgrund seines Alters eigentlich gar nicht mehr am Programm teilnehmen dürfte, eigenständig entschieden hat, weiterzukommen, weil er mich wiedersehen möchte.

 

Habt ihr noch nie Bedenken gehabt? Die Arbeit mit Kindergartenkindern, aber auch im Kinderheim oder anderen Einrichtungen ist ja nicht unbedingt einfach.

Frank: Klar gibt es Momente, in denen man den Kindern wirklich mal gerne die Meinung sagen würde. Gerade Kinder in Heimen oder in Tagesgruppen können besonders anstrengend sein, da sie ja nicht ohne Grund in den Einrichtungen untergebracht sind. Doch man lernt auch viel über sich selbst. Ein Bestandteil der Ausbildung ist die Auseinandersetzung mit sich selbst, seinen Schwächen und Stärken.

Hofmann: Man darf nicht unterschätzen, welche Verantwortung die Arbeit als Erzieher mit sich bringt. Man kann auch sehr viel falsch machen. Gleichzeitig merkt man aber auch, dass man mit der richtigen Betreuung im Leben der Kinder wirklich etwas bewegen kann. Wenn jetzt Kinder, denen schon viel Böses widerfahren ist, sehr unfreundlich und grob werden, einen sogar wüst beschimpfen, dann braucht man natürlich schon eine dickere Haut. Da muss man ehrlich sein.

 

Glaubt ihr, dass der Beruf des Erziehers von der Gesellschaft genügend Anerkennung erhält?

Hofmann: Was mich wirklich stört, ist, wenn die Arbeit im Kindergarten belächelt wird, von wegen man würde den ganzen Tag nur mit Puppen spielen. Als Erzieherin habe ich Verantwortung. Ich fördere und unterstütze Kinder in ihrer Entwicklung. Das kann mitunter sehr anstrengend sein und verdient Respekt. Da gibt es große Unterschiede, was die Wahrnehmung angeht.

Frank: Kinderbetreuung klingt am Anfang erst einmal einfacher, als es ist. Wenn ich Kindern die Welt erfahrbar machen möchte und deren Entwicklungen dokumentiere, egal ob nun im Kindergarten oder im Heim, dann ist das herausfordernd und nichts, das man sich aus dem Ärmel schüttelt.

 

Und wenn es um die Vergütung des Jobs geht? Das ist ja auch eine Art Wertschätzung in Form von Geld.

Frank: Geld ist ein Thema, das stimmt schon. Zum Beispiel wird man öfters gefragt, wie man mit einem Einstiegsgehalt von 2700 Euro brutto eine Familie ernähren möchte. Ich bin da zwar optimistisch gestimmt, aber wer weiß.

Hofmann: Es hat sich schon einiges getan in der Gesellschaft. Die Arbeit mit Kindern wird inzwischen generell mehr gewürdigt, doch es gibt auf jeden Fall noch Verbesserungspotenzial. Man soll die Kinder ja nicht nur betreuen, sondern wirklich auch individuell begleiten und fördern.

 

Die Kinder als Zukunft der Gesellschaft sozusagen?

Hofmann: Genau.